Wahnsinn – mein Blog ist bereits zwei Jahre alt. – Höchste Zeit, den Blick zurück zu richten und einmal die Astrofotos aus den Jahren 2020, 2021 und 2022 gegenüber zu stellen und einem Qualitätscheck zu unterziehen.
Inhalt:
August 2022: Sony RX100 IV
Meine ersten brauchbaren Astrofotos machte ich damals im August 2020 mit der kleinen Kompaktkamera Sony Cybershot RX100 IV.
Der damalige, laue Sommerabend wird mir für immer im Gedächtnis bleiben: Ich montierte zum ersten mal die winzige RX100 auf ein riesiges Stativ, richtete sie Richtung Süden aus und machte ein paar Fotos. – Dabei wusste ich nicht einmal so recht, ob sich dort überhaupt die Milchstraße befand.
Die Fotos machte ich damals mit umgerechneten 24mm Brennweite, Blende f/2.8 einer Belichtungszeit von 20sec und ISO 1600.
… und heraus kam dann das:
Zunächst einmal hatte ich wenigstens Glück gehabt: Die Milchstraße inklusive galaktischem Zentrum war schonmal auf dem Bild enthalten. Nettes Gimmick war der (nicht künstlich eingefügte) Suchscheinwerfer am Bildrand, der tatsächlich auch noch in Richtung Milchstraße zeigte. Das stellte ich aber erst zuhause am PC fest.
Weiterführendes Thema zum Schlagwort "Milchstraße":
Damals war ich mit meinem Wissen zur Entwicklung von Astrofotos noch ganz am Anfang, verwendete aber schon darktable und GIMP.
Von Stacking mit Sequator hatte ich aber noch nichts gehört.
Typisch für viele Anfänger der Astrofotografie war der penetrante Blauton des Bilds. – Wieso um Himmels Willen denkt man zu Beginn, dass der Himmel möglichst blau sein muss? 😉 Das mag zwar tagsüber richtig sein, aber nachts ist es irgendwie seltesam.
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Einen richtigen Stil bei der Entwicklung von Astrofotos hatte ich zu dieser Zeit noch nicht gefunden. Vielmehr schwankte ich zwischen Extremen: Mal war der Himmel zu blau, mal die Milchstraße zu sehr betont oder gar absolut überzeichnet. Es fiel mir ziemlich schwer, so etwas wie eine Kontinuität bei der Entwicklung meiner Astrofotos zu etablieren. Jedes Bild sah anders aus und ich experimentierte sehr viel.
August 2020: Sony RX100 IV, neuer Workflow
Das musste doch besser gehen… irgendwann bekam ich das obige Bild im Jahr 2022 wieder in die Finger und mich packte der Ehrgeiz.
Ich entwickelte die Aufnahme anhand meines aktuellen Workflows, den ich im Tutorial Astrofoto: Milchstraße fotografieren & entwickeln mit darktable, GIMP & Sequator ausführlich beschrieben habe:
Das sah schon viel besser aus.
Im Bild waren deutlich mehr Details – sowohl im Vorder- als auch im Hintergrund zu erkennen – und der Farbstich war ebenfalls verschwunden.
Tatsächlich finde ich diese Aufnahme nach ihrem „Revival“ nach wie vor äußerst ansprechend.
Betrachtet man zudem die Tatsache, dass das Foto mit der Sony RX100 IV und ihrem 1″ großen Sensor gemacht wurde, dann ist das Resultat umso beachtlicher.
Weiterführendes Thema zum Schlagwort "Sensor":
September 2020: Sony RX100 IV + Stacking
Keine zwei Monate später entdeckte ich das Stacking mit Sequator für mich:
Vom Entwicklungsstil einmal abgesehen, läutete das Stacking die nächste Qualitätsstufe bei meinen Astrofotos ein.
Das Bildrauschen konnte deutlich im Vergleich zu Einzelaufnahmen reduziert werden.
Weiterführendes Thema zum Schlagwort "Bildrauschen":
Großes Manko der kleinen RX100 war jedoch – und das fand ich erst heraus, als ich schon meine Sony Alpha 6400 mein Eigen nannte – das hitzebedingte Bildrauschen des vom Stacking überforderten 1″-Sensors.
Auch bei der obigen Aufnahme ist der Weißabgleich (im Nachhinein betrachtet) noch alles andere als optimal eingestellt.
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Im Gegensatz zum Blaustich des ersten Bilds gibt es hier ein störendes Lila. Nun ja… aller Anfang ist schwer und ich hatte „meinen“ Stil noch immer nicht gefunden. 😎
Juni 2021: Sony Alpha 6400 mit Samyang 12mm f/2.8
Ende September 2020 kaufte ich mir schließlich die Sony Alpha 6400, denn die Astrofotografie begeisterte mich so sehr, dass mir die RX100 nicht mehr ausreichte.
Da ich die Kosten in überschaubarem Rahmen halten wollte, erwarb ich zur Alpha noch das hochgelobte Samyang 12mm f/2.
Eine meiner Lieblingsaufnahmen aus dieser „Ära“ ist diese:
Dieses Bild zählte lange Zeit zu meinen Lieblingsaufnahmen der Milchstraße.
Der hohe Kontrast und die kräftigen Farben der Milchstraße sind ein Blickfang.
Mit ca. 1,5 Jahren zeitlichem Abstand fällt mein Fazit jedoch etwas nüchterner aus.
Meine Selbstkritik betrifft im Nachhinein folgende Punkte:
- Die Farben sind übersättigt, der Kontrast der Milchstraße zu extrem. Das Bild wirkt dadurch relativ unnatürlich und überzeichnet.
- Entlang des Bergrückens ist ein dunkler Bereich und – direkt darüber – ein heller Farbsaum zu sehen. Einerseits liegt das an falschen Einstellungen des darktable’schen Kontrast Equalizers und andererseits an einer ungünstigen Freistellung mit GIMP.
- Die Sterne in den Randbereichen wirken überproportional groß. Wie ich heute weiß, war einerseits der manuelle Fokus am Samyang nicht optimal eingestellt und andererseits hatte die Linse leider mit einer kräftigen Dezentrierung zu kämpfen. Im Winter 2021 / 2022 erwarb ich schließlich, nach ausgiebigen Dezentrierungs-Tests, ein baugleiches Walimex 12mm f/2, das mich fortan begleitete.
- Heute würde ich zudem Belichtungszeit und ISO-Wert bei dieser Brennweite anders wählen. In der 0bigen Aufnahme betrug die Belichtungszeit 20sec. Das ist zu lang, um Sternenspuren zu vermeiden. Nach NPF-Regel ist die optimale Belichtungszeit bei einer Brennweite von 12mm an einem APS-C-Sensor deutlich geringer.
- Der ISO-Wert hätte auf Basis einer verkürzten Belichtungszeit von 3200 auf 6400 erhöht werden müssen. Allerdings schreckte ich, wegen dem gefürchteten Bildrauschen, vor diesem Schritt zurück. Heute bin ich schlauer und weiß, dass durch die Rauschminderung mittels Stacking annähernd kein Qualitätsunterschied zwischen ISO 3200 und ISO 6400 erkennbar ist.
Mai 2022, Sony Alpha 6400 mit Samyang 12mm f/2.8
Nachdem ich das vorgenannte Samyang 12mm f/2 in Rente geschickt und mir das baugleiche Walimex 12mm f/2 für nicht einmal 220 EUR zugelegt hatte, erreichte ich – unter anderem auch wegen kürzerer Belichtungszeiten (10sec) und höherer ISO-Werte (6400) ein besseres Qualitätsniveau:
Neben dem auffälligsten Unterschied zur vorangehenden Aufnahme – nämlich den weniger gesättigten Farben – ist auf diesem Bild auch deutlich zu sehen, dass die Sterne kleiner, runder und somit auch unauffälliger sind.
Genau das wollte ich durch das neue, annähernd perfekt zentrierte Walimex und kürzere Belichtungszeiten erreichen.
Weiterführendes Thema zum Schlagwort "Belichtungszeit":
Zudem hatte ich mich zwischenzeitlich ausgiebig mit der manuellen Fokussierung dieses Objektivs befasst und der Einfachheit halber den Fokusring an optimaler Position mit einem Klebestreifen fixiert.
Die Herausarbeitung der Milchstraße im Zuge der Entwicklung mit darktable, GIMP und Sequator finde ich aus heutiger Sicht deutlich ansprechender als auf den vorangehenden Bildern. So fügt sich bspw. der Sternenhimmel dezenter ins Gesamtbild ein und das Gesamtergebnis wirkt viel harmonischer.
September 2022, Sony Alpha 7 III mit Sony SEL20F18G
Den letzten Qualitätssprung vollzog ich schließlich im Juni 2022, als ich mir die vielgelobte Sony Alpha 7 III mit dem für Astrofotografie prädestinierten Sony SEL20F18G zulegte (siehe auch Beitrag Ausprobiert: Astrofotografie mit Sony Alpha 7iii + Sony SEL20F18G).
Die seither entstandenen Bilder sind nochmals eine ganze Schippe rauschärmer, als sie es schon mit der Sony Alpha 6400 waren:
Bei der ISO-Empfindlichkeit bin ich mittlerweile wieder dazu übergegangen, niedrigere Werte zu wählen. Wie ich inzwischen herausfinden konnte, verfügen sowohl die Alpha 6400 als auch die Alpha 7 III über einen ISO-invarianten Sensor.
Weiterführendes Thema zum Schlagwort "invariant":
Wegen des größeren Sensors bzw. der größeren Pixel der Sony Alpha sind die Aufnahmen zwar rauschärmer als mit dem APS-C-Sensor der Alpha 6400 oder gar dem 1″-Sensor der RX100, allerdings setze ich seit Kurzem zusätzlich zum Stacking noch auf das Tool Topaz Denoise AI mit dem sich die Qualität noch ein klein wenig steigern lässt.
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Ich habe den Kauf der Sony Alpha 7 III jedenfalls seither nicht bereut und bin auf einem Qualitätslevel angekommen, mit dem ich sehr zufrieden bin.
Fazit
Während ich in den ersten Monaten bzw. in den Jahren 2020 und 2021 zwischen verschiedenen extremen in der Herausarbeitung hin- und herschwankte, beobachte ich nun bei mir selbst seit März 2022 eine gewisse Konstanz.
Im Unterschied zu meinen Anfängen ähnelt sich der Stil meiner entwickelten Astrofotos des Jahres 2022 sehr. Die Ergebnisse der Bildentwicklung sind inzwischen
Man könnte durchaus sagen, dass ich nun endlich – nach zweijähriger Reise – am Ziel angekommen bin. Ich habe meinen Stil gefunden.
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Weiterführende Themen:
- Astrofotografie: Einstieg & Basiswissen
- Astrofotografie FAQ: Häufige Fragen einfach erklärt. Voraussetzungen, Kameraeinstellungen, Bildentwicklung.
- Astrofotografie-Kalender: Mond, Sternschnuppen, Milchstraße und Deep Sky-Objekte auf einen Blick
- Optimale Kameraeinstellungen zur Astrofotografie
- Der ultimative Astrofoto-Guide: Brillante Astrofotos der Milchstraße Schritt für Schritt mit Adobe Lightroom LrC, Photoshop, Sequator und StarXTerminator entwickeln.
Bin z. Z. dabei alte Dias zu digitalisieren, d. h. auch durchforsten und durchsichten.
Eine gewisse „Handschrift“ ist zu erkennen dachte mir aber zuweilen: Junge was hast du dir damals beim Fotografieren gedacht? 🙂
Hallo Fred,
ja, die Unterschiede zwischen alten und neuen Fotos können schon erheblich sein. Aber eigentlich ist das ja auch ein gutes Zeichen, denn gleichzeitig bedeutet es auch, dass man sich bzw. seine „Fotografiekünste“ weiter entwickelt hat.
Bei der Astrofotografie liegen bei mir sogar nur 2 1/2 Jahre zwischen den ersten und letzten Aufnahmen. Ich würde mal sagen, die Lernkurve war in dem Fall ziemlich steil. Zumal ich mich anfangs wirklich extrem stark vor allem mit der Bildentwicklung befasste. In darktable musste ich quasi bei 0 anfangen. Und glaub mir: Meine totalen Fehlgriffe will ich hier auf meinem Blog niemandem zumuten. Damals hat die Milchstraße in allen Farben geschillert, nur nicht in ihren echten. 🙂
Viele Grüße
Hendrik