Welches Tool liefert bei der Entwicklung von Astrofotos die bessere Performance ab? Gilt Lightroom zurecht als Platzhirsch oder hat der Underdog darktable eine Chance hinsichtlich der Qualität? In diesem Beitrag werde ich es herausfinden und zwei Aufnahmen miteinander vergleichen, die mit den Tools entwickelt wurden.
Unlängst habe ich eine günstige Jahreslizenz für Adobe Lightroom & Photoshop beim Händler mit dem großen A erworben (siehe Beitrag Astrofotografie & Milchstraße: Lightroom vs. darktable).
Diese Gelegenheit möchte ich nächster Zeit nutzen, die Gleichheiten und Unterschiede zwischen den Programmen herauszuarbeiten bzw. diese gegenüberzustellen. So kann ich herausfinden, welches Tool besser für die Entwicklung von Astrofotos geeignet ist und wo die jeweiligen Vor- und Nachteile liegen.
Daher widme ich mich in diesem Beitrag der Entwicklung eines meiner Astrofotos sowohl mit darktable (&
) als auch mit Lightroom Classic (& Photoshop) und werde die (vorwiegend optischen) Resultate vergleichen.Inhalt:
Unterschiedlicher Look der entwickelten Bilder
Wie ich bereits im oben verlinkten Beitrag feststellte, unterscheidet sich der Look der Milchstraße in Bildern, die mit Lightroom entwickelt wurden von dem in darktable. Das liegt unter anderem daran, dass eine so extreme Möglichkeit zur Kontrastverstärkung, wie sie mit dem
Kontrast Equalizer verfügbar ist, in Lightroom nicht existiert (oder ich sie noch nicht kenne).Das ist jedoch per se kein Nachteil. Tatsächlich führte alleine diese Tatsache bei mir in gewissem Maß zu einem Umdenken und ich sehe meine bisher entwickelten Aufnahmen mit anderen Augen: Während ich bisher in darktable alles daran setzte, den Kontrast der Milchstraße zu erhöhen, verlor ich im Gegenzug jede Menge feinster Details der Milchstraße (siehe u.a. den Beitrag Milchstraße fotografieren im Februar 2021).
Neue Perspektive durch Lightroom
Lightroom hat mir also gewissermaßen die Augen geöffnet bzw. meinen Blick verändert. Das allerdings liegt weniger an
selbst, sondern vielmehr an der Tatsache, dass ich mich intensiv mit einem neuen Programm zur Bildentwicklung befasste bzw. befassen musste. Prinzipiell hätte mir das vermutlich mit jeder anderen, neuen Software auch passieren können und ich wäre auf die gleichen Probleme gestoßen.Das soll natürlich wiederum nicht heißen, dass mir meine alten Bilder nicht mehr gefallen. Sie haben schlichtweg einen anderen Stil. – Und diesen Stil konnte ich mit
nicht nachahmen, umgekehrt mit darktable jedoch schon.Zwar dreht sich der Beitrag primär um Lightroom und darktable. Im Rahmen dieses Vergleichs habe ich den beiden Aufnahmen sowohl mit Photoshop als auch mit GIMP den letzten Schliff verpasst, weshalb ich auch kurz auf die beiden Programme eingehen werde:
Exkurs: GIMP vs. Photoshop
Mit GIMP nehme ich gewöhnlich den Feinschliff vor, nachdem die „Grobentwicklung“ via darktable erfolgt ist. D.h. ich entwickle Vorder- und Hintergrund separat voneinander um eine bessere Dynamik im Bild zu erzielen. Dazu muss ich gewöhnlich den Vordergrund freistellen. Weiter wird der Kontrast erhöht und die Belichtung feinjustiert.
Im Unterschied zu GIMP bringt
ein ziemlich geniales Tool mit, um den Vordergrund vom Hintergrund zu trennen: Das Schnellauswahl-Werkzeug. Damit muss man lediglich den auszuschneidenden Bereich mit der Maus abfahren und Photoshop erkennt anhand der Kontrast- und Farbunterschiede automatisch die unterschiedlichen Objekte.Das ist ziemlich komfortabel und geht schnell von der Hand. Allerdings stößt auch Photoshop mit dieser Funktion an seine Grenzen, wenn bspw. ein Baum in den Horizont hineinragt, der viele Verästelungen hat.
In diesen Fällen muss man sowohl in GIMP als auch in
auf andere Hilfsmittel (bspw. Verlaufsfilter oder Komponentenfreistellung) zurückgreifen.Unterm Strich lässt sich daher festhalten: Ich konnte die gleichen Ergebnisse mit darktable & GIMP erzielen, jedoch haben Lightroom und Photoshop klare Vorteile in der Usability.
Vergleich der entwickelten Aufnahmen
Wie nun die Ergebnisse vergleichen? – Da mir die Lightroom-Aufnahmen, wie oben schon geschrieben, optisch durchaus gefielen, versuchte ich die gleichen Resultate mit darktable zu erzielen (umgekehrt war das ja leider nicht möglich).
Hier eine Aufnahme der März-Milchstraße, die ich vor wenigen Wochen machte. Einmal mit Lightroom & Photoshop und einmal mit darktable & GIMP :
Klar, zuerst fallen zwei offensichtliche Punkte auf:
- Die Fotos unterscheiden sich hinsichtlich des Weißabgleichs und somit in den Himmelsfarben.
- Die Objektivverzerrung differiert zwischen den beiden Beispielen.
Dessen bin ich mir wohl bewusst. Im Falle des Weißabgleichs hatte ich aber schlichtweg keine Geduld, diesen exakt einzustellen. 😎
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Die Objektivverzerrung wird von beiden Softwarelösungen unterschiedlich stark korrigiert und man hat nicht wirklich Einfluss darauf.
Beide Punkte stellen jedoch keine Kriterien für die eigentliche Vergleichbarkeit der Bildqualität dar oder geben Aufschluss über die Qualität der Programme, sodass ich diese im weiteren Beitrag bzw. bei meinem Vergleich geflissentlich ignorieren werde. 😉
Vom Weißabgleich und der Objektivkorrektur abgesehen, unterscheiden sich die zwei Aufnahmen nur geringfügig. Ich selbst kann nicht behaupten, dass ich eines von beiden Bildern besser oder schöner finde (gut… das war ja auch das Ziel, als ich mit darktable versuchte, mit Lightroom vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. 😀 ).
Beide weisen im Bereich der Milchstraße ähnlich viele Details auf. Die Sterne sind gleichmäßig auf beiden Bildern verteilt und die feinen und feinsten Strukturen im Band der Milchstraße sind ebenfalls erkennbar.
Alleine jedoch die letzte Feststellung spricht für den Außenseiter darktable: Wie Du sehen kannst, ist es prinzipiell möglich, vergleichbare Fotos mit darktable (& GIMP) zu entwickeln.
Noch habe ich nicht erwähnt, welches der beiden Fotos mit Lightroom und welches mit darktable entwickelt wurde. – Lüften wir also das Geheimnis…
Das nachfolgende
wurde mit Lightroom & Photoshop bearbeitet (das rechte im oberen Direktvergleich):Bei genauerer Betrachtung des Bilds fällt auf, dass der mittige Baum im Vordergrund um die Äste herum geringfügige „Schleier“ aufweist. Das kenne ich bereits von darktable und dabei handelt es sich um einen Nebeneffekt der Kontrastverstärkung.
Darüber hinaus wirkt der Himmel rechts oben fleckig. Das liegt aber weniger an Lightroom, sondern vielmehr an den für die Bearbeitung eingesetzten Werkzeugen. – Kann also im Vergleich ignoriert werden. 😉
Hier nun das mit darktable &
entwickelte Bild:Die in der Baumkrone zu sehenden Schlieren der mit Lightroom entwickelten Aufnahme sind in der „darktable-Variante“ nicht zu erkennen. Das liegt unter anderem an den extrem flexiblen Einstellungsmöglichkeiten des Moduls Kontrast Equalizer, mit dem eine sehr feine Dosierung des Kontrasts möglich ist.
Auch der Himmel wirkt dank der verwendeten Verlaufsformen nicht fleckig, sondern gleichmäßig(er). Bei der darktable: Fließende Übergänge mit Verlaufsformen).
mit Lightroom habe ich mit einer Kombination aus Radial- und Verlaufsfiltern gearbeitet, daher die „Fleckenbildung“. Im Gegensatz zu darktable habe ich dort noch keine Möglichkeit gefunden, mehrere Filter miteinander zu kombinieren. – Punkt für darktable (siehe BeitragDurch einen Klick auf die Bilder kannst Du sie Dir übrigens in der vergrößerten Ansicht anzeigen lassen.
Fazit
Welches Tool hat nun aus meiner Sicht die Nase vorn? Ganz einfach ist das nicht zu beurteilen, da ich noch am Anfang meiner „Reise“ mit Lightroom & Photoshop bin und sicherlich noch nicht alle Kniffe der Tools kenne.
Sprich: Ich kenne mich mit darktable &
momentan schlichtweg besser aus.Nichtsdestotrotz gibt es bereits jetzt einige Unterschiede zwischen den Tools:
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Lightroom & Photoshop punkten ganz klar beim Thema Usability und Ergonomie. Das dortige Prinzip, nämlich sämtliche Einstellungen je Filter vornehmen zu können, sagt mir deutlich mehr zu, als das dagegen urtümlich wirkende, umgekehrte Konzept von darktable.
Dort müssen nämlich je Modul die Filter neu festgelegt werden. Gerade bei Astrofotos sind jedoch eine ganze Menge Module beteiligt. Heißt folglich, dass man auch eine ganze Menge Formen / Filter konfigurieren muss, die sich aber glücklicherweise in darktable von anderen Modulen per Klick übernehmen lassen.
Darüber hinaus ist Lightroom flotter bei Anwendung der einzelnen Bearbeitungsschritte. Leider kann darktable trotz aktivierter OpenCL-Unterstützung nicht ganz mithalten.
darktable wiederum hat mit dem Kontrast Equalizer ein Modul in petto, das prädestiniert für die
von Aufnahmen der Milchstraße ist. Die Kontraste zur Betonung der feinen Strukturen unserer Heimatgalaxie lassen sich damit beliebig und in jedem Detail konfigurieren. So kann man sehr zielorientiert arbeiten, während bei Lightroom viel Trial-and-Error nötig ist, bis man zufriedenstellende Ergebnisse erzielt und die Milchstraße herausgearbeitet hat.Zudem lassen sich in darktable Formen und Filter relativ einfach miteinander kombinieren, was die Arbeit stark erleichtert und das resultierende Foto homogener wirken lässt.
GIMP dagegen finde ich nach jetzigem Wissensstand ebenbürtig zu Photoshop in Sachen Entwicklung von Astrofotos. Dies stellt jedoch ebenfalls noch keine
Meinung dar, da ich nur einen Bruchteil der Funktionen beider Tools kenne. Im Hinblick auf die Entwicklung von Astrofotos und meinen üblichen Workflow trifft das meiner Meinung nach jedoch zu.Im Endergebnis schenken sich beide entwickelten Bilder nichts. Die resultierende Qualität würde ich als identisch bezeichnen.
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Bleibt abschließend noch das gewichtigste Argument: darktable & GIMP sind kostenlos, verfügen über eine große Community und werden ständig weiter entwickelt.
Lightroom & Photoshop sind nur per Abo zu haben, für das jährlich derzeit zwischen 90 und 140 EUR fällig werden. Dafür erhält man jedoch das rundum-sorglos-Paket mit super Usability.
Bisher bin ich jedoch noch nicht restlos vom letztgenannten Duo überzeugt, sodass ich nach Ablauf des Jahresabos nach derzeitigem Stand weiterhin mit darktable & GIMP arbeiten würde.
Aber man weiß ja nie, was die nächsten Monate und Vergleiche noch bringen werden. 😉
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Weiterführende Themen:
- Astrofotografie: Einstieg & Basiswissen
- Astrofotografie FAQ: Häufige Fragen einfach erklärt. Voraussetzungen, Kameraeinstellungen, Bildentwicklung.
- darktable: Astrofotos wie mit Lightroom entwickeln
- Astrofotografie-Kalender: Mond, Sternschnuppen, Milchstraße und Deep Sky-Objekte auf einen Blick
- Optimale Kameraeinstellungen zur Astrofotografie
Super Beitrag, vielen Dank dafür.
Derzeit spiele ich ebenfalls mit dem Gedanken Lightroom zu kaufen. Gestern versuchte ich die 7-Tage Testversion zu bekommen, das scheiterte schon mal an einem Fehler beim Bestellvorgang. Meine Geduld war dann auch nicht allzu gross:)
Wie ich Deinen Beiträgen entnehme, ist man mit Darktable ja ebenfalls gut bedient. Nur zwei Punkte könnten für mich ausschlaggebend sein. Wie von Dir bereits beschrieben ist die Arbeit mit Masken/Filtern doch effizienter als in Darktable. Ich kenne es zwar nur von Camera Raw, aber gerade beim Bearbeiten der Milchstrasse, scheint mir das ein enormer Vorteil zu sein. Mit dem Pinsel kann man viel gezielter an bestimmte Stellen ran, um da und dort etwas mehr oder weniger Wirkung zu haben.
Der womöglich entscheidende Vorteil sehe ich jedoch bei der HDR Funktion. Dazu eine Frage: Stimmt es, dass man in Lightroom HDR erzeugen kann, aus Langzeitbelichtungen vom Sternenhimmel?
Mache ich das in Darktable mit zB. 5 Bilder zu je 15s Belichtungszeit, so habe ich dann jeden Stern 5 mal nebeneinander auf dem Bild. Nun erzählte mir vor paar Tage ein Fotograf, dass er genau das in Lightroom machen würde. Ich habe leider keine Bilder davon gesehen, aber er sagt er mache eine Belichtungsreihe mit verschiedenen ISO-Werten, auch von der Milchstrasse, und erzeuge daraus ein HDR in Lightroom. Kann es sein, dass Lightroom die Bilder so verrechnet, wie es z.B. Sequator tut?
Hi Yves,
vielen Dank für Dein positives Feedback! 🙂
Tatsächlich verfügt auch darktable über einen Pinsel zur Maskierung, mit dem ich inzwischen auch arbeite, um z.B. die Milchstraße zu selektieren und auf die Maske den Kontrast Equalizer anzuwenden. Das verleiht dem Bild einen natürlicheren Look und der Bereich rund um die Milchstraße ist nicht so klar abgegrenzt wie bei der Verlaufsform, sondern der Übergang ist etwas fließender.
Dennoch geht die Maskierung mit Lightroom leichter / besser von der Hand. – Die Usability ist einfach unschlagbar.
Dass Lightroom über eine HDR-Funktion verfügt, ist mir bekannt. Damit habe ich zu testzwecken einige schöne Landschaftsaufnahmen entwickelt.
Dass diese Funktion jedoch auf Astrofotos angewendet werden kann, wäre mir neu. Wie Du schon schreibst, würden dann die Sternbewegungen sichtbar werden. Mit Photoshop dagegen lassen sich mehrere Aufnahmen des Sternenhimmels übereinander legen („stacken“) – evtl. meinte er auch das?
Mag aber auch sein, dass ich mich irre. – Schließlich bin ich kein Lightroom-Experte und habe meine damalige Jahreslizenz auch nicht mehr verlängert, als sie Anfang des Jahres auslief. 😉
Viele Grüße
Hendrik