Gewöhnlich heißt es, dass die beste Zeit zur Fotografie der Milchstraße in unseren Breitengraden die Monate Mai bis Oktober sind. Diese Aussagen beziehen sich in der Regel auf die Sichtbarkeit des galaktischen Zentrums. Da die Gasnebel der Milchstraße aber auch abseits des Zentrums eindrucksvoll genug sind, eignet sich, meiner Meinung nach, schon der Monat Februar hervorragend zur Astrofotografie.
Das galaktische Zentrum befindet sich in der Spitze im Februar sogar bereits bis zu 4° über dem Horizont. Vorletztes Wochenende waren sowohl die Mondphase als auch das Wetter perfekt, sodass ich in den frühen Morgenstunden bei -10°C und wolkenlosem Himmel los zog um die Milchstraße einzufangen. Die kalten Temperaturen hatten zudem den Vorteil, dass die Luft sehr klar und der Blick auf den Sternenhimmel umso besser war.
Hinzu kommt, dass zu dieser Jahreszeit die Milchstraße, im Gegensatz zur zweiten Jahreshälfte, sehr flach am Himmel steht und sich bestens für Fotos im Querformat eignet. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Milchstraße in den frühen Morgenstunden zu sehen ist und nicht mitten in der Nacht, wie das in den kommenden Monaten der Fall sein wird. Verglichen dazu fällt das Aufstehen dann doch nochmal etwas leichter (macht aber auch keinen Spaß).
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Wie ich bereits hier beschrieb, war es zwar eiskalt. Zwiebelprinzip und akkubetriebenem Handwärmer sei Dank habe ich aber trotz der eisigen Temperaturen annähernd zwei Stunden, bis zum Beginn der astronomischen Dämmerung, durchgehalten, bevor ich den Heimweg antrat.
Aus ursprünglich etwa 200 Einzelfotos (wegen Stacking) konnte ich drei wunderschöne Bilder entwickeln, die ich in diesem Beitrag vorstellen möchte:
Inhalt:
Milchstraße #1
Dieses Foto ist eines der ersten, die ich im Rahmen meiner Fototour schoss. Ich habe 20 Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von 15sec mit einer ISO-Empfindlichkeit von 3200 gemacht. Das Foto war nicht nur das erste meiner Tour, sondern gleichzeitig eines der ersten, die ich mit meiner neuen Kombi bestehend aus Sony Alpha 6400 und dem Samyang 12mm f/2 machte. Zum Beginn meiner Astrofotografie-Begeisterung war ich noch bis in den Spätsommer des vergangenen Jahres mit meiner Sony RX100IV unterwegs. – Was soll ich sagen? Ich bin von dem neuen Gespann und dem Resultat wirklich begeistert. Der Schnee verleiht diesem und den nachfolgenden Fotos das gewisse Extra und bildet einen wunderschönen Kontrast zum dunklen Himmel.
Weiterführendes Thema zum Schlagwort "ISO":
Das Procedere zur Entwicklung entspricht den im Tutorial Milchstrasse fotografieren und entwickeln mit darktable, GIMP und Sequator beschriebenen Schritten:
- Im Wesentlichen habe ich für alle Einzelfotos leichte Vorarbeiten in darktable durchgeführt, d.h.: Chromatische Aberrationen und tote Pixel entfernt sowie die Objektivverzerrung beseitigt
- Danach habe ich mittels Sequator die Einzelfotos gestackt und so das Bildrauschen drastisch reduziert.
- Das gestackte TIFF-File habe ich dann wieder in darktable weiter bearbeitet. Insbesondere für die Betonung der Milchstraße verwendete ich Verlaufsformen in Kombination mit dem Kontrast Equalizer, um sowohl die Sichtbarkeit als auch die Farben der Milchstraße nach vorne zu bringen. Zudem habe ich diverse andere Module verwendet, wie bspw. Kontrast und Sättigung, Schatten und Spitzlichter, Velvia und den Weißabgleich. Letztlich wurde das Foto noch nachgeschärft und erneut als TIFF für die weitere Bearbeitung in GIMP exportiert.
- In GIMP schließlich habe ich mittels der Funktion Komponente extrahieren den Vordergrund freigestellt und die Belichtung angepasst sowie den Kontrast dezent erhöht. Mit Farbverlaufsebenen habe ich fließende Übergänge zum Himmel hin geschaffen, um den ursprünglich harten Übergang zwischen Vorder- und Hintergrund zu vermeiden.
Dir ist die Entwicklung mit darktable & Co zu kompliziert oder Du verwendest normalerweise Adobe Lightroom? Kein Problem! Schau Dir mein Tutorial Adobe Lightroom: Milchstraße bearbeiten und entwickeln an.
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Update, 04.06.2021: Da mir in diesem Bild im Nachhinein die Wirkung der Milchstraße nicht mehr gefiel, habe ich es kurzerhand in einem Vergleich der Tools Adobe Lightroom und darktable neu entwickelt. Das Ergebnis im Beitrag Astrofotografie & Milchstraße: Lightroom Classic vs. darktable gefällt mir erheblich besser.
Milchstraße #2
Im Unterschied zur ersten Aufnahme besteht dieses Foto einerseits aus 20 gestackten Einzelaufnahmen mit einer hohen ISO-Empfindlichkeit von 3200 und großer Blende f/2.8. Andererseits habe ich ein weiteres Foto mit kleinerer Blende (f/5.6) und niedrigerer ISO-Empfindlichkeit von 500 aufgenommen, um den beleuchteten Ort nicht überbelichten zu müssen. Das Foto war sehr dunkel und mit Ausnahme der beleuchteten Häuser war nichts zu erkennen.
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Während der Workflow in darktable und Sequator weitgehend identisch zum ersten Bild dieses Beitrags war, habe ich das helle und das dunkle Foto in GIMP mittels zwei Ebenen und Farbverlaufsfiltern miteinander kombiniert. Auf diese Weise stimmt – dank des dunkleren Fotos – die Belichtung der Häuser in der Bildmitte und gleichzeitig konnte ich sowohl den Vorder- als auch den Hintergrund mit Hilfe der gestackten, helleren Aufnahme „retten“ und das Bild insgesamt deutlich interessanter gestalten.
Milchstraße #3
Das dritte Foto meines Beitrags entstand zum Ende meiner Fotosession hin, da bereits die astronomische Dämmerung einsetzte, d.h. die Sonne befand sich zwar noch unterhalb des Horizonts, aber streute bereits Licht in die Atmosphäre. Das Streulicht ist gut oberhalb der Berge zu erkennen, wo sich der Himmel im Vergleich zu den ersten beiden Aufnahmen bereits heller und blauer färbt.
Leider war ich zu diesem Zeitpunkt schon etwas ausgekühlt, sodass ich im Eifer des Gefechts vergaß, eine zusätzliche Aufnahme mit kleinerer Blende und niedrigerer ISO-Empfindlichkeit zu machen. Die durch die Straßenbeleuchtung ausgebrannten Stellen am rechten Rand hätten sich so vermeiden lassen. Allerdings finde ich diese nicht allzu störend und ich bin mit dem Gesamtergebnis trotzdem sehr zufrieden.
Weiterführendes Thema zum Schlagwort "ISO":
Auch bei diesem Foto ist der Workflow identisch zum ersten Foto des Beitrags.
Blaue Stunde
Einige Minuten wurde mit dem Beginn der Blauen Stunde das Ende meiner Fotosession eingeläutet. – Viel länger hätte ich ohnehin bei den eisigen Temperaturen nicht mehr durchgehalten. 😉
Das Foto besteht aus zwei Einzelaufnahmen mit jeweils unterschiedlicher Blende und identischer ISO-Empfindlichkeit. So konnte ich die beiden Fotos durch Trennung von Vorder- und Hintergrund miteinander kombinieren und erhielt als Ergebnis einen hellen Himmel in Verbindung mit einem dunklen Vordergrund (eigentlich genau andersherum, als ich es bei meinen Astrofotos mache). Die kleinere Blende des Vordergrunds ist schön an den diversen Blendensternen im Bild zu erkennen.
Sicher hätte ich auch anstatt der Blende die Belichtungszeit ändern können, doch ehrlich gesagt war ich zu dem Zeitpunkt allmählich durchgefroren und müde. Dennoch gefällt mir das Endergebnis. Das Bild war ein gelungener Abschluss einer genialen, ersten Fotosession im Jahr 2021 mit der Milchstraße als Hauptmotiv.
Fazit
Obwohl ich zu einer unmenschlichen Uhrzeit aufstehen musste, hat sich die Mühe am Ende absolut gelohnt. Angefangen mit der „Anreise“ zur Shooting-Location, über die tolle Atmosphäre beim Shooting selbst bis hin zum Rückweg in der Morgendämmerung hat an diesem Tag im Februar einfach alles gepasst. Da konnten auch die eisigen Temperaturen nichts daran ändern. Wildschweinbegegnungen der besonderen Art hatte ich diesmal zum Glück keine. 🙂
Die Krönung sind natürlich die entstandenen Fotos, mit denen ich in Zukunft immer positive Gefühle verbinden werde. – Motivation genug, das nächste Shooting zu planen und erneut mitten in der Nacht loszuziehen.
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