In diesem Beitrag gibt es eine kurze Anleitung bzw. einen Crashkurs, wie ich die App PhotoPills verwende und wo sie mir bei der Planung meiner Shootings hilfreiche Dienste erweist.
Was ist eigentlich PhotoPills? PhotoPills ist eine App, die primär für die Planung von Milchstraßen-Aufnahmen entwickelt wurde, wofür ich sie auch überwiegend einsetze und wozu sie nach meinem Befinden auch hervorragend geeignet ist. Zusätzlich bietet die App zahlreiche nützliche Funktionen, wie bspw. eine datumsabhängige Anzeige der Mondphasen, Mond-, Sonnenauf- und -untergang, Zeiten für die goldene und blaue Stunde, Berechnung der hyperfokalen Distanz etc. etc. Es ist schwer, der App in aller Kürze gerecht zu werden.
PhotoPills ist sowohl für Apple als auch für Android gegen einen kleinen – und gut angelegten – „Unkostenbeitrag“ von ca. 5 EUR erhältlich.
Inhalt:
PhotoPills-Planer
Der Menüpunkt „Planer“ innerhalb der App ist – wie der Name schon verrät – das zentrale Planungsinstrument meiner Shootings:
Zu den einzelnen Punkten 1 bis 5 im obigen Screenshot:
- Galaktisches Zentrum: Diese Ansicht eignet sich meiner Meinung nach am besten zur Planung von Aufnahmen der Milchstraße.
- Durch Wischen nach links und rechts lässt sich die Ansicht verändern und andere nützliche Informationen wie Meteoritenschauer, Sonnen- oder Mondstand anzeigen.
- Durch Tippen auf das runde Milchstraßensymbol wird – ausgehend vom unten ausgewählten Datum – unter Berücksichtigung der Mondphase der nächste optimale Zeitpunkt für Aufnahmen der Milchstraße ausgewählt. Die „Zeitsprünge“ betragen jeweils etwa einen Mondzyklus.
- Das runde Symbol der Milchstraße zeigt gleichzeitig die Lage bzw. den Winkel der Milchstraße relativ zum Horizont an.
- Die blauen Balken rechts daneben kennzeichnen die Bedingungen zur . Je mehr blaue Balken, desto besser die Bedingungen für die Fotografie.
- Höhe: Zeigt die Höhe des galaktischen Zentrums über dem Horizont sowie die maximale Höhe der Milchstraße an.
- Geographische Darstellung der Milchstraße:
- Der „gepunktete Bogen“ zeigt die Milchstraße am Horizont an. Je größer die Punkte, desto näher ist das galaktische Zentrum. Je näher sich die Punkte am Zentrum, d.h. an der roten Stecknadel befinden, desto größer ist der Winkel der Milchstraße relativ zum Horizont. Als Orientierung dienen wiederum die Kreise, die rings um die Stecknadel angeordnet sind: Der äußerste Kreis entspricht einer Höhe von 0° am Horizont, jeder weitere innere Kreis entspricht einer Erhöhung um 10°. Beispiel: In der obigen Darstellung befindet sich das galaktische Zentrum (außen) etwa auf einer Höhe von 10° und die Milchstraße beginnt im Süden bei 0° am Horizont und verläuft über Osten mit einer maximalen Höhe von 50° (entspricht den bei Punkt 2 genannten Daten).
- Die hell- und dunkelgrauen Linien geben den Bereich an, in dem das Galaktische Zentrum sich über dem Horizont befinden wird.
- die dicke, weiße Linie markiert die Himmelsrichtung des galaktischen Zentrums der Milchstraße.
- Die hell- und dunkelblauen Linien geben Auskunft über die Himmelsrichtung von Mondauf- und Monduntergang.
- Zeitachse: Durch Wischen auf der Zeitachse nach links und rechts verändert man das Datum und damit einhergehend ändert sich logischerweise auch die Darstellung der Milchstraße unter Punkt 3.
- Info zur Farbskala: hellblau: Tag, orange: Goldene Stunde, blau: Blaue Stunde + astronomische Dämmerung, dunkelblau: Nacht)
- Nacht AR: Interessanter Menüpunkt zur Begutachtung der Situation vor Ort via künstlicher Realität. Die Milchstraße wird hierbei über das Bild projiziert, das die Handy-Kamera einfängt.
Zusammengefasst lassen sich bspw. folgende Informationen aus dem obigen Screenshot ablesen: Am 12.05.2021 wird die Milchstraße um 02:55 Uhr mit einer maximalen Höhe von 50,2° in östlicher Richtung (Azimut 87,2°) und mit einer maximalen Höhe des galaktischen Zentrums von 11,3° in südlicher Richtung (Azimut 167,6°) etwa diagonal am Himmel zu sehen und zu fotografieren sein. Unterm Strich also hervorragende Bedingungen zur Fotografie.
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Soweit zu den wichtigsten Eckpunkten des Planers. Kommen wir nun zu meinen Nutzungsschwerpunkten und zur Handhabung der App.
Optimalen Zeitpunkt ermitteln
Wie bereits oben kurz erwähnt, lässt sich durch Tippen auf das Milchstraßensymbol der nächste Zeitpunkt mit optimalen Bedingungen zur Fotografie der Milchstraße ermitteln. Dieser ist immer erkennbar am „Vollausschlag“ der blauen Balken neben dem Milchstraßen-Symbol.
Die App errechnet daraufhin den nächsten Zeitpunkt mit der optimalen Mondphase (Neumond) und der maximalen Elevation des galaktischen Zentrums.
Wichtig ist hierbei darauf zu achten, den Horizontwinkel bzw. die Elevation des galaktischen Zentrums zu maximieren. Das erreicht man, indem man unten in der Zeitleiste (Punkt 3) nach links und rechts wischt und oben (Punkt 2) die Höhe des galaktischen Zentrums im Blick behält. Zwar verrät die App meistens den besten Tag zur Fotografie, jedoch nicht die beste Uhrzeit. Hier ist etwas Spielerei gefragt. Mit etwas Routine ist das aber schnell erledigt.
Durch langes Tippen auf den blauen Punkt direkt unter Punkt 4 im obigen Screenshot inmitten der Zeitleiste lässt sich das Zeitintervall feiner einstellen, sodass der Zeitpunkt präziser gewählt werden kann. Ein erneutes Tippen macht das wieder rückgängig.
Tipp: Wenn sich beim Wischen die Satellitenansicht blau oder noch heller verfärbt, deutet das auf die astronomische Dämmerung, die Blaue / Goldene Stunde oder Tageslicht hin. Diese Bedingungen erlauben natürlich keine Aufnahmen der Milchstraße. Hierzu muss es stockdunkel sein. Selbst die astronomische Dämmerung, bei der die Sonne noch geringfügig Licht in die Atmosphäre abstrahlt, obwohl sie nicht sichtbar ist und unter dem Horizont steht, ist nicht für die Astrofotografie geeignet.
Standortsuche
Weiter geht’s mit der Standortsuche.
Langes Tippen auf den Wunschstandort auf der Satellitenansicht markiert den jeweiligen Punkt mit der roten Stecknadel.
Ausgehend von diesem Punkt ist dann wiederum der Verlauf der Milchstraße auf Basis der bereits weiter oben geschilderten Merkmale zu sehen.
Du solltest bei der Auswahl des Standortes potentielle Lichtverschmutzungsquellen im Hinterkopf behalten und diese unbedingt vermeiden (u.a. Städte und Dörfer, die in Fotografierichtung liegen).
Da in Deutschland und Europa Lichtverschmutzung ein allgegenwärtiges Thema ist, dreht sich – zumindest bei mir und in meiner Region – nahezu die komplette Standortplanung rund um die Vermeidung von Störquellen.
Idealerweise hast Du vor der Standortsuche bereits den optimalen Zeitpunkt ermittelt und in der App fixiert, sodass Du bei Auswahl der verschiedenen Standorte direkt sehen kannst, in welcher Richtung sich bspw. das galaktische Zentrum befindet und ob sich der Standort überhaupt eignet.
PhotoPills Nacht AR zur Prüfung vor Ort
Wenn die zeitliche Planung abgeschlossen und der optimale Standort gefunden wurde, gilt es unbedingt, den Standort vorab zu besichtigen. Nur so lassen sich Unwägbarkeiten vor Ort erkennen und ausmerzen.
Der zweidimensionalen Planungskarte sind bspw. hohe Hindernisse, Laternen etc. nicht ohne Weiteres zu entnehmen, sodass am Ort des Geschehens die ein oder andere negative Überraschung lauern und die Planung zunichte machen kann.
Ich kann Dir versichern: Wenn Du den Standort nicht kennst und nicht vorab besichtigt hast, gehen Deine Aufnahmen mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Hose.
Und genau hier kommt die PhotoPills Nacht AR (Augmented Reality) ins Spiel:
In der Nacht AR wird der in der jeweiligen Himmelsrichtung zum ausgewählten Zeitpunkt zu sehende Abschnitt der Milchstraße über das Kamerabild des Handy’s projiziert, sodass man einen hervorragenden Eindruck der geplanten Aufnahme bekommt und schnell erkennen kann, ob der Standort optimal ist, oder die Suche noch weitergehen muss.
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Durch Wischen nach links und rechts kannst Du den Zeitpunkt verändern und so Deine Wunschzeit feinjustieren.
Fazit
Das war sozusagen der PhotoPills-Crashkurs mit Best Practices, wie ich die App nutze. PhotoPills macht die Planung sehr viel einfacher, aber die Fotografie übernimmt die App bisher noch nicht. 😉
Sofern Du auf der Suche nach den optimalen Kameraeinstellungen bist, kann ich Dir den Beitrag Milchstraße fotografieren: Optimale Kameraeinstellungen (Recap) empfehlen. Nötiges Equipment, Vorgehen vor Ort und vor allem die von Astrofotos habe ich im Tutorial Milchstrasse fotografieren und entwickeln mit darktable, GIMP und Sequator beschrieben.
Ich hoffe, ich konnte Dir in aller Kürze mit diesem Tutorial weiterhelfen und etwas Orientierung zum Umgang mit der wirklich hilfreichen PhotoPills-App geben.
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Weiterführende Themen:
Danke für die Einführung. Eine Frage noch: Was bedeuten bei der Nacht – AR eigentlich diese rasch laufenden grauen Punkte? Dahinter bin ich noch nicht gestiegen.
Hallo Martin,
die Punkte symbolisieren die Sterne am Horizont und vor allem deren „Bewegungsrichtung“ (sicher der falsche Begriff, aber ich hoffe, Du weißt, was ich meine 😉 ).
Die Funktion lässt sich hervorragend für die Planung von Startrail-Aufnahmen verwenden, denn damit kann man schon von vorneherein einschätzen, in welche Richtung sich die Sterne entlang des Horizonts bewegen werden.
Wenn Du Dein Handy z.B. einmal mit aktivierter Nacht AR in Richtung Norden hältst, wirst Du dort den Polarstern finden, um den alle anderen Sterne rotieren.
Ich hoffe, das beantwortet Deine Frage. 😉
Viele Grüße
Hendrik